Medizinisches Cannabis im Jahre 2022

eine kurze Vorausschau


Seit 2017 berichten wir über Cannabis-Produkte in der Medizin, und welche Veränderungen es gibt. Nun gibt es nach 5 Jahren einen Schlussbericht über eine Begleiterhebung, die alle Patienten mit machen mussten, um neue Erkenntnisse über das medizinische Cannabis zu erhalten. Wir haben den Bericht lesbar strukturiert und verkürzt Schon jetzt sei gesagt, dass es einige Ueberraschungen geben wird. Um eine möglichst einfache Uebersicht zu leisten, beginnen wir hier mit früheren Berichte und hängen den aktuellen Bericht ran. Es ist viel zu lesen, packen wir es an


Neues aus Cannabien 2021

 



Wann Cannabis wirklich hilft

Von Bernhard Veith
erschienen am 06.07.2017



Anfang des Jahres wurden Cannabiswirkstoffe als verschreibungspflichtige Medikamente zugelassen. Doch in sozialen Medien irren immer noch Falschmeldungen dazu herum. Da liest man, dass ein "Joint" starke Schmerzen, Spastiken und Asthma "wegkiffen" könne, Krebs, Multiple Sklerose, chronisch entzündliche Darmerkrankungen und weitere über 55 Krankheiten erträglicher mache. Falsch!

"Schwerkranke können nach ärztlicher Verordnung Cannabis in Arzneimittelqualität durch die gesetzliche Krankenversicherung erstattet bekommen", sagt Lutz Stroppe, Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium. Diese Arzneimittel, die aus der Cannabispflanze gewonnen werden, müssen eine gleichbleibende Wirkung haben, also standardisiert sein. Dies kann ein Joint genauso wenig wie etwa ein Keks leisten.

Ein Arzt darf nur verschreiben, was durch klar festgesetzte Verfahren geprüft und zugelassen wird. Diese dauern mehr als zehn Jahre. Neue, oft teurere Medikamente müssen zudem einen Mehrwert vorweisen. Medikamente aus Heilpflanzen werden nur in Ausnahmefällen zugelassen, auch wenn die Wirkung pharmakologisch nicht nachgewiesen werden kann. Sie wirken aber zum Teil seit Jahrhunderten und gelten gemäß EU-Direktive als "well established use". Die Wirkstoffe werden der Pflanze entzogen und so hoch konzentriert, dass ein wirksames standardisiertes Medikament als Kapsel, Salben, Säfte, Tabletten oder Tropfen entsteht.

Die Wirkstoffe aus Cannabis sind in den letzten Jahren pharmakologisch nicht wirklich erforscht worden, weil offenbar kein Pharmaunternehmen bereit war, für ein patentfreies Medikament Millionen für Forschung und Studien in die Hand zu nehmen, damit andere Hersteller den Nutzen davon haben. Erst zulassen, dann erforschen? Das ist neu und zeigt die Brisanz der Entscheidung. Doch diese Unsicherheit soll ausgeräumt werden, gewissermaßen mit staatlichen Maßnahmen. "Mit einer Begleiterhebung können wir künftig wichtige Erkenntnisse zum medizinischen Nutzen von Cannabis gewinnen," sagt Professor Dr. Karl Broich, Präsident des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte. Doch wie sieht es in der Praxis aus?

Die bisherigen Studien waren keinesfalls ermutigend. In den wenigen Blindstudien hatte man zwar Patienten mit 64 unterschiedlichen Erkrankungen untersucht. Dabei stellte sich aber heraus, dass der Erfolg als "eher neutral" bezeichnet werden konnte. Nennenswerte positive Resultate wurden lediglich bei chronischen neuropathischen Schmerzen und Übelkeit bei der Chemotherapie von Krebspatienten erzielt. Ebenso war dies bei Spastiken von MS-Patienten, bei Behandlung starker Migräne sowie bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen der Fall. Gegenüber verfügbaren bewährten Medikamenten war aber bei keiner dieser Indikationen eine signifikante Verbesserung zu erkennen. Wenig Wirkung zeigten die Cannabisprodukte bei rheumatischen Schmerzen, bei Tourette-Patienten sowie Angststörungen, Psychosen oder dem posttraumatischen Stress-Syndrom. Hier wurden gar markante Nebenwirkungen wie verzerrte Wahrnehmung erkannt. "Wie jedes Medikament haben die Cannabisprodukte Nebenwirkungen," sagt der Präsident der Bundesapothekerkammer, Andreas Kiefer.

Auch wenn die Zulassung von Cannabisprodukten als Erfolg gefeiert wurde, wird sich nicht viel ändern, denn der reale Einsatz hält sich nach den ersten Monaten in Grenzen. Derzeit erfüllen lediglich etwa 1100 Patienten die Voraussetzung für die Verabreichung: "Der Zugang soll nur für Patienten offen stehen, die mit anderen verfügbaren Arzneimitteln nicht zufriedenstellend therapiert werden können", so Bundesinstitutssprecher Maik Pommer.

Seit Januar gibt es in Deutschland ein synthetisches Tetrahydrocannabinol-Präparat, welches dem Pflanzenwirkstoff entspricht, aber ausschließlich zur oben genannten Begleitbehandlung einer Chemotherapie indiziert ist. Dieses Medikament, wie auch Medikamente aus natürlichen Extrakten, die aus dem reinen Wirkstoff Delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC) bestehen, werden vom Apotheker als Kapseln zum Einnehmen oder als ölige Tropfen zur Inhalation hergestellt. Die Tropfen können nur mit einem bestimmten Gerät inhaliert werden. Die Pflanzen für das pflanzliche THC-Medikament stammen derzeit aus Österreich, die Cannabisblüten aus Holland oder Kanada. In Deutschland war der Anbau bisher verboten. Das wird sich nun ändern. Eine neugegründete Bundes-Cannabis-Agentur des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte, kontrolliert die medizinische Qualität des Wirkstoffes und wer die Pflanzen in Deutschland anbauen darf.

Cannabisprodukte können vereinzelt helfen und sind nur für einen kleinen Patientenkreis erstattungsfähig. Das ist schon eine Zulassung wert. Wer aber meint, sich schnell in der Apotheke einen Joint organisieren zu können, wird enttäuscht. Dass Menschen nach einem Joint eine Besserung empfinden, ist vermutlich eine Placebo-Reaktion, denn dies ist medizinisch gar nicht möglich. Denn die Pflanze gibt erst bei deutlich höheren Temperaturen und nach längerer Zeit den Wirkstoff frei. "Es wäre fahrlässig und falsch, aus dem medizinischen Einsatz zu folgern, dass Cannabis als Genussmittel harmlos wäre", warnt Chefapotheker Andreas Kiefer.

 

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Neues aus Cannabien 2022
Von Bernhard Veith

Kein Thema wird derzeit in der Öffentlichkeit so widersprüchlich behandelt wie die Legalisierung von Cannabis. Während der Konsum dieser Droge immer mehr verharmlost wird, ja sogar in die Nähe der Wunderheilung gebracht wird, weil sie angeblich in fast allen medizinischen Indikationen wirken, warnt der Bundesgesundheitsminister vor eben diesem Konsum. Die Kliniken melden teils massive Probleme wegen Verunreinigung illegal gehandeltem Cannabis. Wer hier meint, es handelt sich um ein Naturprodukt wird getäuscht. Die heutigen illegalen Pflanzen stammen aus dem genmanipulierten Stamm. Parallel dazu gibt es die Diskussion wie und wo medizinisches Cannabis eingesetzt werden kann. Da gibt es viele Missverständnisse und Falschmeldungen. Anhand einer Erhebung versuchte das Bundesministerium für Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), eine selbstständige Bundesoberbehörde des Bundesministeriums für Gesundheit für Klarheit zu sorgen. Diese Erhebung wurde am 06.07. veröffentlicht. 


Cannabis – wo liegt das Problem?  (Grundlagen)

Um einen genauen Überblick auf die aktuelle Lage zu bekommen sind neue Informationen über die Pflanze wichtig. In den 1970 er Jahren war das „Kiffen“ also Joints rauchen, in verschiedenen Formen Teil des Hippie-Mysteriums, was heute einen Hauch von Romantik bekommen hat. Im Gegensatz zu harten Drogen sei Cannabis harmlos. Diese Aussage hält sich auch heute noch hartnäckig, und deshalb fordern sogar Parteien eine Legalisierung dieser Droge. Sie vergleichen die Wirkung mit anderen Rauschmittel, wie Coffein oder Nikotin. Bis heute, obwohl im illegalen Handel nicht gerade billig, beschaffen sich Kinder und Jugendliche das „Gras“. Aber gerade im Jugendalter ist der Konsum von Cannabis mit besonderen Risiken verbunden, denn weil sich das Gehirn noch im Auf- und Umbau befindet, können zahlreiche langfristige Schädigungen auftreten. Darunter fallen etwa Psychosen, Depressionen und Intelligenzminderung.  Neun Prozent der Cannabiskonsumenten entwickeln eine Abhängigkeit. Beginnt der Konsum allerdings im Jugendalter und findet regelmäßig statt, werden bis zu 50 Prozent der Konsumenten abhängig.

Welche Folgen kann der Cannabiskonsum haben?

Verfechter des Cannabis-Konsums loben vor allem die euphorische Wirkung, die Entspanntheit und das gelegentliche Abschalten vom Alltag. Das Bewusstsein sei angenehm benebelt“. Das sehen Gegner, darunter Ärzte, Psychologen und Wissenschaftler völlig anders. In Untersuchungen hat man mittlerweile zweifelsfrei folgende Argument gegen dem Cannabis-Konsum zusammengetragen. Dabei ist das Ergebnis keineswegs widersprüchlich, vielmehr eine andere Wortwahl mit fatalen Folgen:


Akute Wirkungen:  

  • Euphorische Reaktionen, die realitätsfremd sind
  • Panikattacken
  • psychotische Symptome
  • Aufmerksamkeits-, Konzentration- und Koordinationsstörungen
  • Übelkeit

Chronische Wirkungen

  • Psychotische Störungen, (49% der Abhängigen leiden unter sogenannte cannabisinduzierte Psychosen oder Schizophrenien).
  • Affektive Störungen (30 – 60% bei Konsumenten  leiden unter Depressionen, Angststörungen, bipolare Störungen und Suizidalität).
  • Beeinträchtigung der Kognition (Verlust von allgemeinen Interessen, Gedächtnisfunktionen, Lernleistung, Aufmerksamkeit, Leistungsknick in der Schule/Ausbildung)
  • Körperliche Folgen: Möglich sind Lungen- und Atemwegserkrankungen, Hodenkrebs, außerdem Frühgeburten und Entwicklungsstörungen des Kindes bei Konsum in der Schwangerschaft.

Physische und psychologische Ursachen dieser Defizite:

hohe Verwundbarkeit des jugendlichen Gehirns

hirnstrukturelle Veränderungen im zentralen Nervensystem

Verlust von Fähigkeiten (Aufmerksamkeit, Gedächtnis und Intelligenz leiden durch Konsum von THC).


Die Sucht kann sich bei Jugendlichen bis 22 Jahren, die schon vor dem Konsum psychisch auffällig waren, zügig und heftig entwickeln. Das zeigt sich bei Mädchen z.B. durch Ängstlichkeit, Selbstunsicherheit, Essstörungen oder frühe Traumatisierungen. Bei den Jungs ist es vor allem die Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS), die sich plötzlich einstellt, die man früher gar nicht hatte.


"Der Joint ist Dein Freund" oder was  an dem Mythos Cannabis dran ist


Es stimmt. Früher mag Cannabis in der pflanzlichen Form, die man selbst gezüchtet hat, oder vom „vertrauensvollen Dealer in der Nachbarschaft“ ja noch harmlos gewesen sein, da die verschiedenen Wirkstoffe sich ergänzten und sich selbst ausglichen. So war es jahrelang erwiesen, dass der Konsum nicht süchtig machen könne und auch keine wesensveränderte Wirkung haben konnte. Das Nikotin im Joint sei schlimmer, ulkte man früher. Insofern war die Romantisierung des Cannabis in den früheren Jahren nicht grundlegend falsch. Aber schon damals fiel auf, dass die Leistung im Beruf nachliess, Menschen ruhiger und gleichgültiger wurden und für eine berufliche Karriere nicht dienlich waren. Diese Leute griffen dann auch eher zu anderen Stoffen. Dies praktizierten aber auch psychisch labile Jugendlichen, die dann harte Drogen konsumierten. Insofern war auch da Cannabis tatsächlich eine Einstiegsdroge. Dennoch hält sich bis heute die Ansicht Cannabis sei harmlos und könne „endlich“ legalisiert werden. Mit der Legalisierung würden Konsumenten nicht länger strafrechtlich belangt.


Warum soll das „neue“ Cannabis legalisiert werden?

Nach all den aktuellen Warnhinweisen von Wissenschaftlern verwundert, weshalb die Ampel-Koalititon immer noch an der Legalisierung festhält. Untersuchungen haben lt. Aerztezeitung ergeben, dass der Wirkstoffgehalt in den letzten 30 Jahren um das Fünffache gestiegen sei, auch sei die Ware mit weiteren suchtmachenden Stoffen gestreckt („verunreinigt“) worden.  Natürlich ist die Legalisation von Cannabis eine Jahrzehnte lange Forderung der Grünen, die sie nun so ohne weiteres nicht rückgängig machen können. Bundesgesundheitsminister Lauterbach, früher ein Verfechter gegen die Legalisierung, begründet seinen Meinungswandel in seiner bekannten Art überaus intelligent und glaubhaft: Natürlich sei er gegen die Legalisierung gewesen, aber er habe eingesehen, dass „die repressive Umgangsweise mit Cannabis“ gescheitert sei, die Risiken der derzeitigen Praxis grösser seien als mit einer kontrollierten legalen Abgabe von Cannabis. Cannabis gehe immer mit Gesundheitsrisiken einher, vor denen vor allem Kinder und Jugendliche geschützt werden müssten. Gerade junge Menschen könnten bei Cannabiskonsum »sehr häufig auf der Strecke bleiben, was die schulische und berufliche Ausbildung angeht«, weiss auch Lauterbach.

Sein Sinneswandel ist nachvollziehbar. Denn anscheinend wissen nämlich immer noch nicht viele Konsumenten, was der „vertrauensvolle Dealer in der Nachbarschaft“ seiner Kundschaft wirklich unter der Hand verkauft. Doch wie soll die kontrollierte Vergabe von Cannabis erfolgen?


Distribution von legalisiertem Cannabis


Wie eine kontrollierte Abgabe von Cannabis aussehen könnte, wurde gerade im medizinischen Bereich erforscht.Dort gibt es eine Cannabisagentur, die die Produktion, Auswahl und Distribution streng bewacht und auch selbst durchführt. Damit will man den Wildwuchs begegnen, den es seit einiger Zeit gegeben hat. Und man will auch eine Uebersicht darüber erhalten, für welche Krankheiten das medizinische Cannabis geeignet ist.

Dies auch deswegen, weil Cannabis in den Online-Medien seit einiger Zeit als Wundermittel gehandelt wird. So loben die Befürworter, dass Cannabis in mehr als 70 Indikation hilfreich sei, obwohl rein medizinisch jegliche Beweise in Form von Studien fehlen.


Aus diesem Grund hat die damalige Bundesregierung 2017 die Kostenübernahme durch die Krankenkasse zwar zugestimmt. Wer nun aber meint er könne auf Krankenschein nach Herzenslust zu kiffen, sollte sich irren. Die Verwendung von medizinischen Cannabis ist nur für bestimmte Patientengruppen beschränkt, denen bisher kein Arzneimittel half.


Medizinisches Cannabis  Medikament oder Droge

Am 6.7.2022 wurde das Schlussergebnis der Begleitstudie des Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) vorgestellt. Hier ging es um die Wirksamkeit der einzelnen Darreichungsformen, von der Blüte bis hin zum pflanzlichen Fertigmedikament, aber auch wieviel Bedarf an den alternativen Medikamenten besteht. An der Studie nahmen 21.000 Patienten teil, eine Anzahl die deutlich höher war, als Patienten die sich früher die Wirkstoffe mehr oder weniger illegal beschafften. In Deutschland werden bekanntlich seit Frühjahr 2019 die Kosten für vier Fertig-Präparate und zwei „Naturprodukte“ aus medizinischem Cannabis (siehe Tabelle unten) national im Alleingang durch die Kassen übernommen, wobei die umstrittenen Rohstoffe, also weiterentwickelte Pflanzen mit 5 mal höherer Wirkstärke,  in strikt überschaubaren Rahmen von geheimen Produktionsstätten angebaut werden.

Dies ist allerdings aus medizinischer Sicht nicht unumstritten, denn die EMA hat Cannabis in keiner Weise als Medikament anerkannt. Gerade bei Ärzten und deren Verbände sah man auch lange keinen Bedarf für ein weiteres Schmerzmedikament. Der jetzt vorgestellte Begleitbericht soll darüber aufklären, aber keine offizielle Studie sein, sondern ein Abschlussbericht, der klären soll, ob die Cannabis-Substanzen wirklich eine Alternative zu den bisherigen Medikamenten sind. Auch sollte dadurch auch geklärt werden, ob eine Standardisierung erreicht werden kann. (Verhinderung qualitativer Abweichungen des Arzneimittels, die bei einem Selbstanbau unweigerlich entstehen würden).

Verordnet werden konnten Cannabis-Blüten und Fertigsubstanzen aus pflanzlichem Hanf, der in Kanada, Österreich und in Deutschland angebaut wurde. Am 7. Juli 2021 startete das BfArM den staatlichen Verkauf aus deutscher Produktion von Cannabis zu ausschließlich medizinischen Zwecken. Dieser erfolgt aber ausschließlich nur durch die Apotheken. Patienten wiederrum können mittels BTM-Rezepts die erforderliche Medikation erhalten. Die Preise für ein Gramm sind nicht handelbar, sondern mit 4,30 Euro festgesetzt, das ist ein Bruchteil dessen, was im offenen Markt gehandelt wird. Nicht bekannt ist, wieviel dann die Kasse mit den Apotheken abrechnet wurde nicht bekannt, denn der Preis beinhaltet Selbstkosten der BfArM.  


Interessant wäre dann auch zu welchem Preis dann ein legalisiertes Gramm Cannabis gehandelt würde und wer dann daran verdient.

Das deutsche medizinische Cannabis ist eine Spezialzüchtung und von höchster Qualität, um medizinisch wirken zu können. Produziert wird dabei nur jährlich 2,6 Tonnen von 3 Hersteller in Deutschland. Welche das sind, ist verständlicherweise nicht bekannt. Der Vertrag mit dem Hersteller ist auf 4 Jahre begrenzt, sodass 10,4 Tonnen Cannabis als Medikamente abgegeben werden. Danach erfolgt vermutlich eine deutlich klarere Marktforschung oder auch Studie, um Nutzen und Wirkung des Medikamentes genauer zu bestimmen und danach neue genauere Aufträge erteilen zu können.

Waren es ursprünglich 12.000 Nutzer, haben nun insgesamt 21.000 Personen an der Befragung teilgenommen. Die Erhebung begann am 07.07.2017 und endete am 06.07. 2022. Dadurch wird es nun möglich sein, eine endgültige Regelung für die Erstattung der Behandlungskosten von medizinischem Cannabis zu finden.

Diese Begleiterhebung gibt nun wichtige Hinweise auf mögliche Anwendungsgebiete, Nebenwirkungen, Patientencharakteristika und auch mögliche Begrenzungen einer Therapie mit Cannabisarzneimitteln. Sie bieten eine Grundlage um klinische Studien und die Entwicklung neuer zulassungsfähiger Arzneimittel vorzubereiten bzw. bereits begonnene Entwicklungen weiterzuführen.


Unterschiedliche Teilnahme

Während die Patienten sich rege an der Erhebung beteiligten, war die Rücklaufquote bei den Ärzten eher gering. Auffällig war dies bei der Verschreibung von Cannabisblüten. Man könnte annehmen, dass diese Darreichungsform von den Patienten gewünscht wurden (Männeranteil 62%), die bereits  mehrfache Erfahrungen mit Cannabis hatten. Und dies vermutlich nicht ohne Grund: Hier ist der THC-Gehalt um ein vielfaches höher. Und hier scheint es ein erhebliches Problem zu geben. Im Abschussbericht 2022 steht wörtlich: „Nicht ohne Sorge sehen wir die Ergebnisse zu den Cannabisblüten. Das vergleichsweise geringe Alter, der hohe Männeranteil, die auf THC bezogen hohe Dosis, bei gleichzeitig fehlenden Erkenntnissen aus wissenschaftlichen Publikationen zu Wirksamkeit und Sicherheit bei solchen Dosierungen, wirft die Frage nach Abgrenzung zwischen tatsächlich therapeutischen Effekten und erlebter Steigerung des Wohlbefindens bei hoher Abhängigkeitsgefahr auf. Dies gilt es von den behandelnden Ärztinnen und Ärzten stets im Blick zu halten, um Fehlentwicklungen vorzubeugen. Die Sorge wird durch die noch nicht abgeschlossene Analyse einer Stichprobe von Verschreibungen mit Cannabisarzneimitteln verstärkt. Unter Einbeziehung von Privatrezepten, die Patientinnen und Patienten außerhalb der Begleiterhebung betreffen, zeigt sich ein noch höherer Männeranteil und ein noch geringeres Durchschnittsalter bezüglich der Verschreibung von Cannabisblüten“


Demographische Aspekte der Patienten

Patientinnen und Patienten, die mit Cannabisarzneimitteln behandelt werden, sind im Durchschnitt 57 Jahre alt und in der Mehrzahl weiblich. Dies gilt für alle Cannabisarzneimittel, nur nicht für die Blüten. Patientinnen und Patienten, die mit Cannabisblüten behandelt werden, sind im Mittel lediglich 45,5 Jahre alt, auch hier ist der THC-Gehalt höher. Patienten die mit Blüten behandelt werden, brechen die Therapie seltener ab und geben dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte seltener Nebenwirkungen an. Die Nebenwirkung „euphorisierende Wirkung“ wird bei den „Blütenpatienten“ dreimal häufiger berichtet als bei den anderen Cannabisarzneimitteln.


Indikationen

Leider hat die Begleiterhebung massive Lücken. Bezogen auf alle gemeldeten Fälle wurde die Therapie mit einem Cannabisarzneimittel in etwa einem Viertel der Fälle vor Ablauf eines Jahres abgebrochen. Weitere 8% sind verstorben. Diese Abbruchrate ist vergleichsweise hoch und gibt Auskunft darüber, dass die Therapie nicht befriedigend ablief. Ob dann die restlichen Zwei Drittel die Therapie tatsächlich weiter führten ist abschliessend nicht geklärt, Hier wartet die BFarm noch auf Meldeberichte der Krankenkassen. Trotzdem kann man vorsichtig  feststellen, dass sich die Lebensqualität für alle Patientinnen und Patienten, die über diesem Zeitraum therapiert wurden, folgerichtig verbessert.


Bei einem so unklaren Bild kann man eigentlich kaum erkennen, welche Patientengruppe tatsächlich bis zum Schluss behandelt wurde und welchen Erfolg verzeichnet wurde. Daher muss man die Statistik zu Rate ziehen, um die Indikationsgebiete zu erkennen. So wird chronische Schmerzen unterschiedlicher Ursache bei als 75% der übermittelten Fälle genannt. Viele der behandelten Symptome stehen im Zusammenhang mit einer schmerzhaften Tumorerkrankung. Auch die Behandlung spastischer Schmerzen  sind zusammen mit der Multiplen Sklerose ebenfalls in der Spitzengruppe. Es folgen das Wasting-Syndrom, sowie von die Behandlung von Übelkeit und Erbrechen unter der Chemotherapie. Doch dabei gibt es ein Problem: Künftig wird sich die Entwicklung neuer medizinischer Cannabis-Medikamente auf diese Zielgruppen beschränken. Kleinere orphan-ähnliche Erkrankungen wie Tic-Störungen oder Sonderformen des Kopfschmerzes (wie Clusterkopfschmerz oder Migräne werden wohl kaum das Interesse finden, obwohl gerade diese Patienten auf eine alternative Medikation warten dürften.


Übersicht nach ICD 10 Code:

F45.41, Chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren

G35.-, Multiple Sklerose [Encephalomyelitis disseminata]

G62.-, Sonstige Polyneuropathien

G82.4-, Spastische Tetraparese und Tetraplegie

 M54.-, Rückenschmerzen

M54.4, Lumboischialgie

M79.7-, Fibromyalgie 

R52.1, Chronischer unbeeinflussbarer Schmerz

 R52.2, Sonstiger chronischer Schmerz 52

Folgende Wirkstoffe und Medikationen sind Bestandteil der Erhebungen

Cannabisblüten

Cannabisextrakt

Dronabinol (Fertigarzneimittel)

Sativex®

Nabilon

 

Nebenwirkungen

Die Nebenwirkungen scheinen bei allen Präparaten überwiegend nicht schwerwiegend zu sein, denn diese waren für Abbruch der Therapien kaum verantwortlich. Trotzdem ist eine weitere Überprüfung im Rahmen klinischer Studien nach wie vor nötig. Hier die Nebenwirkungen die am häufigsten beobachtet wurden:

Selten (1-5%:)

Verschwommenes Sehen, Lethargie, Euphorische Stimmung, Desorientierung, Gewichtszunahme, Gedächtnisstörungen Gleichgewichtsstörungen

Häufig (5 -10%)

Aufmerksamkeitsstörungen. Appetitsteigerung, Mundtrockenheit

Sehr häufig über 10%:

Übelkeit, Schläfrigkeit, Schwindel, Müdigkeit

Privatpatienten

Bei der Erhebung wurden auch Privatrezepte mit einbezogen. Dort zeigt sich die Sorge der Urheber  der Erhebung noch deutlicher : Dort zeigt sich ein noch zeigt sich ein noch höherer Männeranteil und ein noch geringeres Durchschnittsalter bezüglich der Verschreibung von Cannabisblüten. Hier ist zu vermuten, dass es sich hier bei der Verschreibung der Blüten, weniger um eine geeignete Therapie handelt, als um ein Genussmittel.

 

Fazit:

Wer diese Erhebung liest bekommt einen weiteren Eindruck dessen, wie umstritten die Medikation der Cannabismedikamenten weiterhin ist.  Nach wie vor sind die Erfolgsaussichten eher verhalten, die Anzahl der Therapieabbrüche durch mangelnde Wirkung relativ hoch. Auch ist Zweifel angebracht, ob gerade bei der Patentiengruppe die die Blütentherapie verabreicht bekommen haben, eine reale Verbesserung der Gesundheit eintritt.

Immerhin werden nun in Deutschland klinische Studien mit Cannabisarzneimitteln in Angriff genommen.

Die Erhebung schliesst mit den Worten: „Ziel muss es bleiben, die Wirksamkeit und Sicherheit von Cannabisarzneimitteln in klinischen Studien zu belegen und die Zulassung von Fertigarzneimitteln anzustreben, um den eingangs beschriebenen Systembruch wieder zu heilen*.

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